| Finanzen, Steuern, Personal

Gewerbesteuereinnahmen brechen im ersten Halbjahr um 18 Prozent ein; knapp 60 Prozent der Gemeinden betroffen

Die rheinland-pfälzischen Kommunen nahmen im ersten Halbjahr 2020 rund 946 Millionen Euro an Gewerbesteuern ein (Bruttobetrachtung). Wie das Statistische Landesamt in Bad Ems mitteilt, sanken die Einnahmen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um 204 Millionen Euro bzw. 18 Prozent. Ursächlich dürfte vor allem der Konjunktureinbruch sein, der durch die Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie verursacht wurde.

Einen Teil der Gewerbesteuern – die sogenannte Gewerbesteuerumlage – müssen die Kommunen an das Land und den Bund abführen. Nach Abzug dieser Umlage verblieben den rheinland-pfälzischen Kommunen für das erste Halbjahr 2020 rund 860 Millionen Euro (Nettobetrachtung). Das waren 98 Millionen Euro bzw. 10 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2019. Es ist aber zu beachten, dass diese Einbuße durch zwei gegenläufige Effekte zustande kommt: Einerseits sanken die Gewerbesteuereinnahmen durch einen Corona-bedingten Einbruch der Konjunktur. Anderseits verringerte sich durch eine bereits in 2001 beschlossene Gesetzesänderung ab 2020 planmäßig der Umlagesatz für die Gewerbesteuer beträchtlich, wodurch die Kommunen weniger an Land und Bund abführen müssen.

Um das Jahr 2020 mit 2019 vergleichen zu können, hat das Statistische Landesamt den Effekt der Senkung des Umlagesatzes herausgerechnet. Nach dieser Berechnung ergibt sich für die rheinland-pfälzischen Kommunen für das erste Halbjahr 2020 ein Rückgang der Nettoeinnahmen aus der Gewerbesteuer um 185 Millionen Euro bzw. 18 Prozent.

Bereinigt um die Reduzierung des Umlagesatzes sanken die Gewerbesteuereinnahmen in den kreisfreien Städten netto um 19 Prozent (auf 310 Millionen Euro). Bei den verbandsfreien Gemeinden gingen die Einnahmen ebenfalls um 19 Prozent zurück (auf 213 Millionen Euro). Die verbandsangehörigen Gemeinden mussten ein Minus von 15 Prozent hinnehmen (336 Millionen Euro). Für mehr als 1.300 (57 Prozent) der rund 2.300 Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz errechneten die Statistiker einen Rückgang der Einnahmen.

Eine längerfristige Betrachtung zeigt, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer von Jahr zu Jahr stark schwanken können: Im Jahr der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2009 brachen die Gewerbesteuereinnahmen in Rheinland-Pfalz um fast ein Viertel ein. Nach dem Platzen der Internetblase und der anschließenden Wirtschaftskrise sanken die Einnahmen im Jahr 2001 um 21 Prozent. Andererseits führen Konjunkturaufschwünge wie beispielsweise 2004 zu deutlich höheren Gewerbesteuereinnahmen; damals stiegen die Einnahmen um 37 Prozent.

Die Daten stammen sowohl aus der Berechnung der Gewerbesteuerumlage (§ 6 GemStAntV RP) als auch aus der vierteljährlichen Kassenstatistik (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 FPStatG). Sie zeigen die im jeweiligen Zeitraum erfassten Zahlungseingänge aus der Gewerbesteuer.
Einen Teil der Gewerbesteuereinnahmen müssen die Kommunen an den Bund und an das Land abgeben. Die Berechnung der Gewerbesteuerumlage hat sich 2020 aufgrund gesetzlicher Vorgaben verändert; der Gewerbesteuerumlagesatz wurde von 64 Prozent auf 35 Prozent der Umlagegrundlagen gesenkt. Um die Auswirkung des Corona-bedingten Konjunktureinbruchs auf die Nettoeinnahmen der rheinland-pfälzischen Kommunen aus der Gewerbesteuer zu ermitteln, hat das Statistische Landesamt die Einnahmen berechnet, die sich für die Kommunen im ersten Halbjahr 2019 ergeben hätten, wenn bereits für das Jahr 2019 der verringerte Umlagesatz gegolten hätte. Auf der Basis dieser Gewerbesteuereinnahmen wurde dann die (im Wesentlichen) Pandemie-bedingte Veränderung berechnet.
Eine Betrachtung der Gewerbesteuerentwicklung für einzelne Kommunen erscheint aus methodischen Gründen nicht sinnvoll. Die statistisch erfassten kassenwirksamen Gewerbesteuereinnahmen beinhalten in allen Jahren neben Vorausleistungen immer auch Gewerbesteuerabrechnungen für Vorperioden sowie zahlungswirksame Effekte im Zusammenhang mit Billigkeitsentscheidungen (Stundung, Niederschlagung oder Erlass) nach der Abgabenordnung. Dadurch könnte eine Gemeinde vermeintlich beispielsweise zu einem „Corona-Gewinner“ werden, obwohl hier lediglich eine größere einmalige Gewerbesteuernachzahlung aus dem Vorjahr ursächlich ist. Es ist zu vermuten, dass sich diese Effekte bei Vorjahresvergleichen im Landesdurchschnitt ungefähr ausgleichen.
Die nach Gebietskörperschaftsgruppen gegliederte Darstellung soll einen ersten Anhaltspunkt der Gewerbesteuerentwicklung bieten. Auf eine gemeindescharfe Einzelbetrachtung wurde verzichtet, da die genannten Effekte die Interpretation der Einzelergebnisse deutlich erschweren.

Autor: Dr. Christoph Wonke (Referat Öffentliche Finanzen)

#Themen

Steuern

Teilen

Zurück