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Rund 8.300 Verdachtsfälle wegen Gefährdung des Kindeswohls – 70 Prozent mit konkretem Handlungsbedarf

Im Jahr 2018 haben die rheinland-pfälzischen Jugendämter 8.292 Einschätzungen zur Kindeswohlgefährdung infolge gewichtiger Verdachtsmeldungen abgeschlossen. Laut Statistischem Landesamt Rheinland-Pfalz entspricht dies einem Anstieg um 681 Verfahren bzw. 8,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Lediglich rund eine von vier angestoßenen Gefährdungseinschätzungen (28 Prozent) wurde ohne weitere Maßnahmen beendet. Folglich ergab sich für 72 Prozent (5.989 Fälle) ein weiterer Handlungsbedarf; dies waren 11,7 Prozent mehr Fälle als im Vorjahr.

In rund 3.000 Fällen lag eine akute oder latente Gefährdung vor; dies ist ein Anstieg gegenüber 2017 um 21,8 Prozent. Die zuständigen Fachkräfte stellten bei 17 Prozent aller Verdachtsfälle eine akute Kindeswohlgefährdung fest. Weitere 20 Prozent wurden als latente Kindeswohlgefährdung eingestuft. Hier konnte die Frage, ob gegenwärtig tatsächlich eine Gefahr besteht, nicht eindeutig beantwortet, eine Gefährdung jedoch nicht ausgeschlossen werden. Für gut ein Drittel (36 Prozent) der Verfahren kamen die Experten zum Ergebnis, dass – wenngleich keine Gefährdung der Kinder festgestellt wurde – zumindest weiterer Unterstützungsbedarf notwendig war.

In sechs von zehn Fällen (61 Prozent), bei denen eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung festgestellt wurde, gab es Anzeichen für Vernachlässigung. Anhaltspunkte für psychische bzw. körperliche Misshandlungen konnten bei 35 bzw. 27 Prozent aller Ermittlungen nachgewiesen werden. In rund vier Prozent der Fälle wurden Anzeichen für sexuelle Gewalt festgestellt. Zu beachten ist, dass bei der Meldung zur Art der Kindeswohlgefährdung im Rahmen der amtlichen Statistik Mehrfachnennungen möglich sind.

Auf Initiative von Polizei, Gericht oder Staatsanwaltschaft wurden mit 28 Prozent anteilig die meisten Verfahren in die Wege geleitet. Danach folgen Verdachtsmeldungen von Bekannten oder Nachbarn sowie anonyme Meldungen mit Anteilen von zwölf Prozent bzw. elf Prozent; weitere acht Prozent der Ermittlungen wurde von Schulen angestoßen.

Mädchen und Jungen waren nahezu gleichermaßen von Einschätzungen zur Kindeswohlgefährdung betroffen. In zwei Dritteln (65 Prozent) der untersuchten Fälle waren die Kinder 9 Jahre oder jünger; nahezu jedes vierte Kind (23 Prozent) hatte das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet.

Zum 1. Januar 2012 trat ein neues Bundeskinderschutzgesetz in Kraft. Dieses Gesetz regelt verschiedene Maßnahmen, mit dem Ziel eines deutlich verbesserten Kinderschutzes.
Auf der Grundlage des Kinderschutzgesetzes sind die Jugendämter verpflichtet, eine Gefährdungseinschätzung vorzunehmen, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen vorliegen. Die Einschätzung des Gefährdungsrisikos erfolgt im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte. Eine Kindeswohlgefährdung liegt dann vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes bzw. Jugendlichen bereits eingetreten oder mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist.
Über alle Verfahren zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung ist bei den öffentlichen Trägern der Jugendhilfe (Jugendämtern) jährlich eine Erhebung durchzuführen (§ 98 Absatz 1 und § 99 Absatz 6 SGB VIII). Für die Statistik sind in Rheinland-Pfalz 41 Jugendämter auskunftspflichtig. Die Erhebung erstreckt sich auf die innerhalb eines Kalenderjahres abgeschlossenen Verfahren zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung.

Autor: Markus Elz (Referat Soziales, Gesundheit, Rechtspflege)

 

Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls im Jahr 2018 nach Alter und Geschlecht des/der Minderjährigen und dem Ergebnis des Verfahrens
 Geschlecht
 Alter
Verfahren
insgesamt
KindeswohlgefährdungKeine Kindeswohlgefährdung
akutlatentaber Hilfebedarfund kein Hilfebedarf
Anzahl%Anzahl%Anzahl%Anzahl%Anzahl%
Insgesamt
unter 31.93023,330422,135821,766322,460526,3
3 bis 51.55418,719614,230318,356619,148921,2
6 bis 91.87822,628220,540524,569423,549721,6
10 bis 131.61119,427620,032819,860320,440417,5
14 bis 171.31915,931923,225915,743314,630813,4
Insgesamt8.292100,01.377100,01.653100,02.959100,02.303100,0
Männlich
unter 398423,414523,119522,633421,531026,6
3 bis 583219,89414,915818,432621,025421,8
6 bis 91.00423,815124,022225,838124,525021,5
10 bis 1382119,512219,416619,332821,120517,6
14 bis 1757013,511718,612013,918712,014612,5
Zusammen4.211100,0629100,0861100,01.556100,01.165100,0
Weiblich
unter 394623,215921,316320,632923,429525,9
3 bis 572217,710213,614518,324017,123520,7
6 bis 987421,413117,518323,131322,324721,7
10 bis 1379019,415420,616220,527519,619917,5
14 bis 1774918,420227,013917,624617,516214,2
Zusammen4.081100,0748100,0792100,01.403100,01.138100,0
Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls im Jahr 2018 nach bekannt machender Institution oder Person und Ergebnis des Verfahrens
Bekannt machende Institution oder PersonVerfahren insgesamtdarunter mit dem Ergebnis
akute Kindeswohlgefährdunglatente Kindeswohlgefährdung
Anzahl%Anzahl%
Sozialer Dienst3439226,89327,1
Beratungsstelle601423,31626,7
andere Einrichtung, Dienst der Erziehungshilfe37112333,213135,3
Einrichtung der Jugendarbeit/ Kinder- und Jugendhilfe31110032,211436,7
Kindertageseinrichtung/ Tagespflegeperson2614115,76926,4
Schule69214821,415522,4
Hebamme/ Arzt/ Gesundheitsamt oder ähnliche Dienste4449822,111726,4
Polizei/ Gericht/ Staatsanwaltschaft2.35837115,741617,6
Eltern(-teil)/ Personenberechtigte/r5239317,88917,0
Minderjährige/r selbst1708550,02715,9
Verwandte4066516,06716,5
Bekannte/Nachbarn982697,016416,7
Anonyme/r Melder/in896374,112914,4
Sonstige475418,66613,9
Insgesamt8.2921.37716,61.65319,9

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