Mahnschreiben mit Zwangsgeldandrohungen sind normale Vorgänge im Verwaltungshandeln. Im Zensus sind aber die Mengen deutlich größer, da es sich bei der Gebäude- und Wohnungszählung um eine Vollerhebung handelt. Erfahrungsgemäß gibt es bei jeder Großzählung rund zehn Prozent Adressaten, die auf Erstanschreiben und Erinnerungen nicht reagieren. „Dahinter steckt in den allermeisten Fällen keine Verweigerungshaltung,“ betont Hürter. Es sei menschlich, wenn ein Behördenschreiben erst mal zur Seite gelegt und dann auch vergessen wird. Vielfach wird die Bedeutung des Schreibens auch erst dann bewusst, wenn die Mahnung im Briefkasten liegt. „Das Gesetz sieht aber eine Auskunftspflicht vor, um zur Ermittlung qualitativ hochwertiger und damit aussagekräftiger und nutzbarer Ergebnisse möglichst Meldung zu allen Gebäuden und Wohnungen zu erhalten.“ Natürlich gebe es auch Verweigerer; so konnten rund 350 Briefe der Reichsbürgerszene zugerechnet werden.
Hürter bedauert, dass es auch Fälle gab, in denen zu Unrecht gemahnt wurde. Das sei aber eine verhältnismäßig kleine Zahl. Von den insgesamt gut 1,3 Millionen angeschriebenen Eigentümerinnen und Eigentürmern hatten bis zum Versand der Mahnschreiben knapp 88 Prozent Daten gemeldet. Die übrigen rund 150.000 werden in zwei Wellen angeschrieben; die erste Welle mit rund 80.000 Adressaten wurde in der vergangenen Woche versendet. Bei einer vierstelligen Zahl geht das Statistische Landesamt davon aus, dass die Mahnung zu Unrecht erfolgte. Die zweite Versandwelle wurde verschoben, um sie vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus der ersten Welle zu konsolidieren.
Die Fälle, wegen der sich Bürgerinnen und Bürger an das Statistische Landesamt gewendet haben, lassen sich wie folgt kategorisieren. Die Auswertung basiert auf den Rückläufen zu 1,5 Millionen Vorgängen, hinter denen rund 1,3 Millionen Eigentümerinnen und Eigentümer stehen. Bei den noch ausstehenden Meldungen handelt es sich um Schätzungen auf Grundlage der Auswertung von E-Mails, Briefen und telefonischen Anfragen.
1. Es wurden weder Erst- noch Erinnerungsschreiben zugestellt
Es kam vor, dass weder Erstanschreiben noch Erinnerungsbriefe zur Gebäude- und Wohnungszählung zugestellt wurden. Diese Fälle konzentrieren sich auf wenige Kommunen im nördlichen Rheinland-Pfalz. Davon waren teilweise ganze Straßenzüge betroffen, unter anderem in Koblenz und Andernach. Das Statistische Landesamt geht von rund 600 Fällen aus und sucht gemeinsam mit den Zustelldienstleistern nach den Ursachen.
2. Die Meldung und der Versand der Mahnschreiben haben sich überschnitten
Der Versand der insgesamt rund 150.000 Mahnschreiben brauchte einen gewissen Vorlauf. Dadurch erhielten in der ersten Mahnwelle rund 3.000 Eigentümerinnen und Eigentümer ein Mahnschreiben, die die Daten kurz vor Versand der Schreiben gemeldet hatten. Insbesondere Meldungen per Papierfragebogen waren hiervon betroffen, weil Postversand und Digitalisierung der Bögen beim externen Dienstleister mitunter einige Tage in Anspruch nehmen.
3. Eigentümer haben nicht für alle Objekte gemeldet
Einige Eigentümerinnen und Eigentümer hatten beim Erstanschreiben bzw. beim Erinnerungsschreiben übersehen, dass sie um Meldung für mehrere Wohnungen bzw. Gebäude gebeten wurden. In Rund 3.500 Fällen wurde daher nur für ein Objekt gemeldet und die Betroffenen erhielten für die weiteren noch ausstehenden Objekte ein Mahnschreiben.
4. Mehrfachanschreiben mit verschiedenen Namen
Es gab Fälle, in denen ein und dieselbe Person unter verschiedenen in den Registern hinterlegten Namen angeschrieben wurden und nur auf ein Anschreiben geantwortet haben (z.B. Franz Müller, Franz-Josef Müller). Offenkundige Fälle von identischen Personen wurden zwar im Vorfeld ausgesteuert, Zweifelsfälle blieben jedoch im Adressbestand. Wenn nur unter einem der angeschriebenen Namen geantwortet wurde, ging an den zweiten Namen ein Erinnerungs- und später das Mahnschreiben raus.
5. Hausnummernzusätze
In den Adressdaten, die das Statistische Landesamt von den Grundsteuerstellen, dem Liegenschaftskataster des Landesamtes für Vermessung und Geobasisinformation sowie vom Landesamt für Steuern bezogen hat, werden in einigen Fällen Hausnummern mit Zusätzen geführt, die nicht existieren (z.B. 10 c). In diesen Fällen sind die fehlerhaften Angaben im Fragebogen zu korrigieren. Das hat sich offenbar nicht allen Angeschriebenen erschlossen. Daher gibt es auch Fälle, in denen die Adressaten jetzt ein Mahnschreiben erhalten haben.
Wie geht es jetzt weiter?
In allen Fällen, in denen zu einer Wohnung oder einem Gebäude noch keine Meldung abgegeben wurde, sollte das so schnell wie möglich über das Online-Formular nachgeholt werden. Das Mahnschreiben enthält die erforderlichen Zugangsdaten. Melden sollten also alle, die bisher noch keine Meldung abgegeben haben, also auch diejenigen, die kein Erst- und Erinnerungsschreiben erhalten hatten. Außerdem müssen die Adressaten melden, die nur für eines von mehreren Objekten geantwortet haben. Auch in den Fällen von Hausnummernzusätzen muss noch einmal eine Meldung mit dem Hinweis abgegeben werden, dass dieses Gebäude nicht existiert. Wer mit verschiedenen Namen angeschrieben wurde, sollte das ebenfalls durch die Online-Meldung im entsprechenden Feld vermerken. Alle Meldungen führen automatisch dazu, dass das Mahnverfahren gestoppt wird.
„Da wir eine Konzentration der rund 600 Fälle, in denen weder Erst- noch Erinnerungsschreiben zugestellt wurden, im Bezirk eines bestimmten Zustelldienstleisters festgestellt haben, werden wir das Mahnverfahren für den gesamten Zustellbereich stoppen“ erklärt Hürter. „Wegen der Zustellprobleme können wir die Adressaten im Großraum Koblenz nur um freiwillige Meldungen bitten.“
Die zweite Welle des Mahnverfahrens, die bislang rund 70.000 Schreiben umfasst, wird um den Zustellbezirk des besagten Dienstleisters bereinigt. Geprüft werde derzeit, ob ein einfaches Erinnerungsschreiben ohne Mahnbescheid versendet wird.
Vor dem Versand der zweiten Welle von Mahnungen findet zudem noch einmal der auch schon bislang obligatorische Abgleich mit den zwischenzeitlich eingegangenen Meldungen statt. Die Adressen würden entsprechend ausgesteuert.