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Mehr als jeder zehnte Erwerbstätige in Rheinland-Pfalz möchte weniger arbeiten

Im vergangenen Jahr gaben 10,4 Prozent der erwerbstätigen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer an, ihre Wochenarbeitszeit verringern zu wollen, auch wenn das für sie einen niedrigeren Verdienst zur Folge hätte. Das geht aus den Erstergebnissen der Mikrozensuserhebung 2023 hervor, wie das Statistische Landesamt in Bad Ems mitteilt. Insgesamt äußerten 220.900 Personen den Wunsch, ihre Wochenarbeitszeit reduzieren zu wollen. Seit der erstmaligen Erfassung im Jahr 2008 wurde bisher nie ein höherer Wert gemessen. Demgegenüber gaben nur 76.300 Erwerbstätige (3,6 Prozent) an, gegen höheres Entgelt länger arbeiten zu wollen – so wenige wie noch nie in den vergangenen 16 Jahren.

Gegenüber dem Jahr 2008 haben sich die Anteile der beiden Gruppen nahezu umgekehrt. Im Zuge der weltweiten Banken- und Finanzmarktkrise sowie der sich daran anschließenden Eurokrise suchten noch 12,2 Prozent der erwerbstätigen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer nach Möglichkeiten, ihre durchschnittliche Wochenarbeitszeit gegen ein entsprechend höheres Entgelt aufzustocken. Seitdem ist ihre Zahl um etwa zwei Drittel von 219.700 auf 76.300 Personen gesunken. Auf der anderen Seite gaben 2008 nur 3,4 Prozent der Erwerbstätigen an, weniger Zeit an ihrem Arbeitsplatz verbringen zu wollen. Besonders seit 2017 nimmt der Anteil der Gruppe an den erwerbstätigen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern zu. Ihre Zahl hat sich seitdem von 76.500 auf 220.900 Personen nahezu verdreifacht. Setzt sich dieser Trend fort und wird aus den geäußerten Arbeitszeitpräferenzen der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer Wirklichkeit, könnte sich der aktuelle Arbeits- und Fachkräftemangel im Land weiter verschärfen, sofern kein anderweitiger Ausgleich erfolgt – etwa durch eine steigende Produktivität.

Gut die Hälfte der Personen, die 2023 angaben, ihre Wochenarbeitszeit verringern zu wollen (112.600 Erwerbstätige bzw. 51 Prozent), fasste eine Arbeitszeitreduzierung um weniger als zehn Wochenstunden ins Auge. Etwa jeder dritte Erwerbstätige (73.200 Personen bzw. 33 Prozent) suchte nach einer Arbeitszeitverkürzung um zehn bis unter zwanzig Wochenstunden und gut jeder siebte (33.100 Personen bzw. 15 Prozent) wollte zwanzig oder mehr Wochenstunden bei entsprechend geringerem Verdienst weniger mit Erwerbsarbeit zubringen. Ähnlich verteilen sich die Anteile unter den Personen, die ihre Wochenarbeitszeit auszuweiten suchten. Etwas mehr als die Hälfte gab an, die Arbeitszeit um weniger als zehn Wochenstunden erhöhen zu wollen (35.300 Erwerbstätige bzw. 51 Prozent). Rund 23.900 Erwerbstätige (35 Prozent) strebten nach zehn bis unter zwanzig zusätzlichen Wochenstunden und 9.300 Erwerbstätige (13,6 Prozent) nach einer Arbeitszeitverlängerung um zwanzig und mehr Wochenstunden.

Insgesamt hätte sich das gesamte wöchentlich geleistete Arbeitszeitvolumen der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer 2023 per Saldo um 1,8 Millionen Stunden verringert, hätten die Erwerbstätigen ihre geäußerten Arbeitszeitpräferenzen realisiert. Der Verringerung der gesamten Wochenarbeitszeit um 2,5 Millionen Arbeitsstunden hätte nur ein Zuwachs um 0,7 Millionen Wochenarbeitsstunden gegenübergestanden. Gemessen am gesamten normalerweise geleisteten wöchentlichen Arbeitsvolumen aller Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer, das sich 2023 auf etwa 73,2 Millionen Stunden belief, hätte das einem Anteil von 2,4 Prozent entsprochen.

Im Vergleich der einzelnen Altersgruppen trat der Wunsch nach einer Reduzierung der Arbeitszeit in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen 2023 am häufigsten auf; 13,3 Prozent aller 25- bis 34-Jährigen (56.600 Personen) wollten demnach weniger Zeit mit Erwerbsarbeit unter Inkaufnahme eines geringeren Arbeitsentgeltes verbringen. Es folgten die 35- bis 44-Jährigen (10,9 Prozent), die 55- bis 64-Jährigen (10,8 Prozent) sowie die 45- bis 54-Jährigen (9,1 Prozent). Deutlich seltener strebten die 65-jährigen und älteren Erwerbstätigen (7,8 Prozent) sowie die 15- bis 24-Jährigen (6,2 Prozent) nach einer Verringerung ihrer Wochenarbeitszeit.

Der Wunsch nach einer kürzeren Wochenarbeitszeit hat im Zeitverlauf in allen Altersgruppen zugenommen. Unter den 25- bis 34-Jährigen wuchs er seit 2008 jedoch stärker als in den anderen Altersgruppen. Gegen Ende der 2000er-Jahre äußerten relativ betrachtet vor allem die 35- bis 64-Jährigen häufiger den Wunsch nach einer Arbeitszeitreduzierung.

Auch zwischen den Geschlechtern treten Unterschiede auf: Während Männer zu allen Zeitpunkten seit 2008 häufiger danach strebten, ihre Wochenarbeitszeit zu reduzieren, gaben Frauen zu jedem Zeitpunkt häufiger an, ihre Arbeitszeit erhöhen zu wollen. Im Jahr 2023 wollten 10,7 Prozent der männlichen Erwerbstätigen aus Rheinland-Pfalz ihre Wochenarbeitszeit verringern und 2,5 Prozent mehr Zeit am Arbeitsplatz verbringen. Unter den weiblichen Erwerbstätigen aus Rheinland-Pfalz äußerten nur 9,9 Prozent den Wunsch nach weniger Erwerbsarbeit, während 4,8 Prozent nach einer höheren Wochenarbeitszeit strebten.

Methodische Hinweise:

Die Daten basieren auf den Ergebnissen der Mikrozensuserhebungen 2008 bis 2023. Den Auswertungen des Jahres 2023 liegen Erstergebnisse zugrunde. Der Mikrozensus ist eine Stichprobenerhebung, bei der jährlich rund ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland befragt wird. Alle Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Befragten.

Im Jahr 2020 wurde die Mikrozensuserhebung methodisch neugestaltet. Die Ergebnisse ab dem Berichtsjahr 2020 sind deshalb nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar. Ausführliche Informationen zu den Änderungen sowie den Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus sind auf der Themenseite zum Mikrozensus verfügbar: www.destatis.de/mikrozensus2020

Damit zwischen dem Ende des Erhebungsjahres und der Ergebnisbereitstellung möglichst wenig Zeit vergeht, werden ab dem Jahr 2020 zunächst Erstergebnisse und mit einigem zeitlichen Abstand Endergebnisse veröffentlicht. Sowohl Erst- als auch Endergebnisse beruhen auf vollständig aufbereiteten und validierten Daten. Allerdings basieren die Endergebnisse im Gegensatz zu den Erstergebnissen auf einer höheren Anzahl befragter Haushalte. Dies ist dadurch bedingt, dass auch nach Ende eines Erhebungsjahres fehlende Haushalte nach Erinnerungen/Mahnungen noch Auskunft geben. Dieses Datenmaterial wird zudem an einem aktualisierten Bevölkerungseckwert hochgerechnet. Durch den größeren Stichprobenumfang und die aktualisierte Hochrechnung können die Endergebnisse von den Erstergebnissen abweichen.

Bei der Ermittlung der Anteilswerte der Wochenarbeitszeitpräferenzen wurden jeweils nur die Befragten berücksichtigt, die gültige Angaben zu den betreffenden Fragen gemacht haben. Bis zum Berichtsjahr 2017 erfolgt die Beantwortung der Frage, ob ein Wunsch nach Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit besteht, auf freiwilliger Basis; seither besteht für die Befragten eine Auskunftspflicht. Für die Frage nach dem Wunsch einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit besteht für alle ausgewerteten Berichtsjahre eine Auskunftspflicht. Aufgrund von Änderungen in der Fragebogengestaltung sind die Angaben zu den einzelnen Berichtsjahren im Einzelfall nur eingeschränkt miteinander vergleichbar.

Autor: Sebastian Fückel (Referatsleiter Analysen Staat, Soziales)

Erwerbstätige¹ mit Wunsch nach Arbeitszeitänderung²*

in 1.000

*Änderung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit
1 2023: Erstergebnisse. - 2 Bevölkerung in Hauptwohnsitzhaushalten. Nur Personen mit gültigen Angaben. Aufgrund methodischer Brüche sind die Daten insbesondere ab den Jahren 2009, 2017, 2020 und 2021 nur eingeschränkt miteinander vergleichbar.
Quelle: Mikrozensus.

Erwerbstätige¹ mit Wunsch nach Arbeitszeitänderung²*

Anteil an allen Erwerbstätigen in %

*Änderung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit
1 2023: Erstergebnisse. - 2 Bevölkerung in Hauptwohnsitzhaushalten. Nur Personen mit gültigen Angaben. Aufgrund methodischer Brüche sind die Daten insbesondere ab den Jahren 2009, 2017, 2020 und 2021 nur eingeschränkt miteinander vergleichbar.
Quelle: Mikrozensus.

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