Die Kommunen müssen einen Teil der Gewerbesteuern – die sogenannte Gewerbesteuerumlage – an das Land und den Bund abführen. Nach Abzug dieser Umlage verblieben den rheinland-pfälzischen Kommunen in den ersten drei Quartalen 2020 rund 1,23 Milliarden Euro (Nettobetrachtung). Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum war das ein Rückgang um 158 Millionen Euro bzw. 11,4 Prozent.
Diese Einbußen kommen durch zwei gegenläufige Effekte zustande: Einerseits sanken die Gewerbesteuereinnahmen durch einen Corona-bedingten Einbruch der Konjunktur. Andererseits verringerte sich durch eine bereits in 2001 beschlossene Gesetzesänderung ab 2020 planmäßig der Umlagesatz für die Gewerbesteuer beträchtlich, wodurch die Kommunen weniger an Land und Bund abführen müssen.
Um das Jahr 2020 mit 2019 besser vergleichen zu können, hat das Statistische Landesamt den Effekt der Senkung des Umlagesatzes herausgerechnet. Hiernach ergibt sich für die rheinland-pfälzischen Kommunen für die ersten drei Quartale 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Rückgang der Nettoeinnahmen aus der Gewerbesteuer um 284 Millionen Euro bzw. 19 Prozent.
Die Gewerbesteuereinnahmen entwickelten sich unterschiedlich. Werden die Daten nicht um den Effekt der Senkung des Umlagesatzes bereinigt, so konnte gut die Hälfte der Gemeinden in ihren Haushalten netto höhere Gewerbesteuereinnahmen verbuchen als im Jahr 2019. Die Mehreinnahmen summierten sich hier auf 143 Millionen Euro. In den anderen Kommunen wurden hingegen niedrigere Einnahmen festgestellt. Der Rückgang beträgt hier in Summe 301 Millionen Euro.
Die Gewerbesteuereinnahmen (Bruttobetrachtung) waren bereits 2019 deutlich geschrumpft. Sie fielen in den ersten drei Quartalen 2019 rund 12,7 Prozent bzw. 242 Millionen Euro niedriger aus als im gleichen Zeitraum des Jahres 2018. Die Einnahmen in den ersten drei Quartalen 2020 sanken nunmehr auf ein Niveau, das in etwa dem des Jahres 2014 entspricht.
Werden lediglich die Gewerbesteuern berücksichtigt, die in den kommunalen Kassen verbleiben (Nettobetrachtung), dann erzielten die Kommunen in den ersten drei Quartalen 2019 rund 1,39 Milliarden Euro. Das war ein Rückgang um 11,1 Prozent bzw. 174 Millionen Euro gegenüber 2018. Die beschriebenen gegenläufigen Effekte (Corona-Pandemie und Senkung Umlagesatz) bewirkten demnach in den ersten drei Quartalen 2020 mit minus 11,4 Prozent einen Rückgang bei den kommunalen Gewerbesteuereinnahmen, der ähnlich hoch ausfällt wie im Vorjahr. Die Nettoeinnahmen 2020 erreichten damit knapp das Niveau des Jahres 2016.
Land und Bund unterstützen Kommunen in Corona-Krise
Im Zusammenhang mit der Corona-Krise wurden vom Land und vom Bund verschiedene Programme zur Stärkung der kommunalen Finanzsituation aufgelegt. So wurden 100 Millionen Euro Soforthilfe vom Land an die kreisfreien Städte und Landkreise ausgezahlt. Darüber hinaus sieht ein aktueller Gesetzesentwurf vor, dass die Kommunen noch in diesem Jahr rund 412 Millionen Euro als Ausgleich für entgangene Gewerbesteuereinnahmen erhalten. Durch den Stabilisierungsmechanismus im kommunalen Finanzausgleich wird zudem eine Reduzierung der Finanzausgleichsmasse für das Jahr 2020 um rund 400 Millionen Euro vermieden, die in nicht-stabilisierten Steuerverbundsystemen ansonsten aufgrund der Corona-bedingt stark verminderten Landessteuereinahmen hinzunehmen wäre.
Die Daten stammen sowohl aus der Berechnung der Gewerbesteuerumlage (§ 6 GemStAntV RP) als auch aus der vierteljährlichen Kassenstatistik (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 FPStatG). Sie zeigen die im jeweiligen Zeitraum erfassten Zahlungseingänge aus der Gewerbesteuer. Einen Teil der Gewerbesteuereinnahmen müssen die Kommunen an den Bund und an das Land abgeben. Die Berechnung der Gewerbesteuerumlage hat sich 2020 aufgrund gesetzlicher Vorgaben verändert; der Gewerbesteuerumlagesatz wurde von 64 Prozent auf 35 Prozent der Umlagegrundlagen gesenkt. Die Kommunen brauchen nur noch einen kleineren Anteil der Gewerbesteuer an das Land bzw. den Bund abführen. Um die Auswirkung des Corona-bedingten Konjunktureinbruchs auf die Nettoeinnahmen der rheinland-pfälzischen Kommunen aus der Gewerbesteuer zu ermitteln, hat das Statistische Landesamt die Einnahmen berechnet, die sich für die Kommunen in den ersten drei Quartalen 2019 ergeben hätten, wenn bereits für das Jahr 2019 der verringerte Umlagesatz gegolten hätte. Auf der Basis dieser Gewerbesteuereinnahmen wurde dann die (im Wesentlichen) Pandemie-bedingte Veränderung berechnet. Eine Betrachtung der Gewerbesteuerentwicklung für einzelne Kommunen erscheint aus methodischen Gründen nicht sinnvoll. Die statistisch erfassten kassenwirksamen Gewerbesteuereinnahmen beinhalten in allen Jahren neben Vorausleistungen immer auch Gewerbesteuerabrechnungen für Vorperioden sowie zahlungswirksame Effekte im Zusammenhang mit Billigkeitsentscheidungen (Stundung, Niederschlagung oder Erlass) nach der Abgabenordnung. Dadurch könnte eine Gemeinde vermeintlich beispielsweise zu einem „Corona-Gewinner“ werden, obwohl hier lediglich eine größere einmalige Gewerbesteuernachzahlung aus dem Vorjahr ursächlich ist. Es ist zu vermuten, dass sich diese Effekte bei Vorjahresvergleichen im Landesdurchschnitt ungefähr ausgleichen.
Autor: Dr. Christoph Wonke (Referat Öffentliche Finanzen)
Merkmal | Einheit | brutto1 | netto2 | ||
---|---|---|---|---|---|
2019 | 2020 | 2019 | 2020 | ||
Einnahmen insg. | in Mill. EUR | 1.664,6 | 1.351,0 | 1.385,9 | 1.227,8 |
Veränderung gegenüber ident. Zeitraum Vorjahr | in Mill. EUR | -242,1 | -313,6 | -173,6 | -158,1 |
Veränderung gegenüber ident. Zeitraum Vorjahr | in Prozent | -12,7 | -18,8 | -11,1 | -11,4 |
Kommunen mit Anstieg | |||||
Anzahl | 1.207 | 1.040 | 1.232 | 1.184 | |
Summe Zuwachs | in Mill. EUR | 160,6 | 128,3 | 141,2 | 143,0 |
Kommunen mit Rückgang | |||||
Anzahl | 1.096 | 1.261 | 1.072 | 1.117 | |
Summe Rückgang | in Mill. EUR | -402,7 | -441,9 | -314,8 | -301,1 |
1 Betrag, den die Kommunen vereinnahmen, der aber teilweise an Land/Bund abgeführt werden muss | |||||
2 Betrag, der bei den Kommunen verbleibt |
Jahr | Gewerbesteuereinnahmen (brutto)1 | Gewerbesteuereinnahmen (netto)2 | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
Insg. | Veränderung zum Vorjahr | Insg. | Veränderung zum Vorjahr | |||
in Mill. EUR | in Prozent | in Mill. EUR | in Prozent | |||
2011 | 1.170,5 | - | - | 947,8 | - | - |
2012 | 1.387,2 | 216,7 | 18,5 | 1.132,8 | 185,0 | 19,5 |
2013 | 1.405,2 | 18,0 | 1,3 | 1.147,5 | 14,6 | 1,3 |
2014 | 1.312,5 | -92,7 | -6,6 | 1.073,5 | -74,0 | -6,4 |
2015 | 1.429,3 | 116,8 | 8,9 | 1.172,7 | 99,1 | 9,2 |
2016 | 1.531,0 | 101,7 | 7,1 | 1.256,9 | 84,2 | 7,2 |
2017 | 1.631,2 | 100,3 | 6,5 | 1.339,5 | 82,7 | 6,6 |
2018 | 1.906,7 | 275,5 | 16,9 | 1.559,5 | 220,0 | 16,4 |
2019 | 1.664,6 | -242,1 | -12,7 | 1.385,9 | -173,6 | -11,1 |
2020 | 1.351,0 | -313,6 | -18,8 | 1.227,8 | -158,1 | -11,4 |
1 Betrag, den die Kommunen vereinnahmen, der aber teilweise an Land/Bund abgeführt werden muss | ||||||
2 Betrag, der bei den Kommunen verbleibt |