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Ministerin Schmitt und Präsident Hürter stellen Analyse zum Wirtschaftsjahr 2021 in Rheinland-Pfalz vor

„Das heute vom Statistischen Landesamt verkündete Rekordwachstum der rheinland-pfälzischen Wirtschaft im Jahr 2021 ist Grund zur Freude und Beleg für die Innovationskraft unseres Landes. Es ist Ausweis der herausragenden Leistung der rheinland-pfälzischen Wirtschaft in der Bekämpfung der Corona-Pandemie“, kommentierte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt bei der Vorstellung des Jahreswirtschafsberichts des Statistischen Landesamtes. „Es wird deutlich, wie wichtig die enge Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft ist, damit Innovationen schnell ihren Weg auf den Markt finden.“ Präsident Marcel Hürter berichtete vor der Presse in Mainz von einer der höchsten Zunahmen des Bruttoinlandsprodukts in der Geschichte des Landes. Es nahm nach vorläufigen Berechnungen des Arbeitskreises Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder preisbereinigt um 9,6 Prozent zu (Deutschland: plus 2,9 Prozent).

Das Ausmaß des Anstiegs ist zu einem beträchtlichen Teil auf einzelne Branchen zurückzuführen, die von der Entwicklung und Produktion eines Impfstoffes gegen das Coronavirus profitierten. „Damit steht Rheinland-Pfalz im Ländervergleich mit Abstand an der Spitze“, erläuterte Hürter das Ergebnis. In jeweiligen Preisen erhöhte sich die Wertschöpfung um 18,9 Milliarden auf 162,2 Milliarden Euro (plus 13 Prozent). „Im Vergleich der Bundesländer liegt nur in Rheinland-Pfalz die Wirtschaftsleistung wieder über dem Vorkrisenniveau“, hob Wirtschaftsministerin Schmitt hervor.

Industrie wieder auf Wachstumskurs

Das Verarbeitende Gewerbe erholte sich 2021 schnell von dem coronabedingten Einbruch im Vorjahr. Die Bruttowertschöpfung der Industrie stieg preisbereinigt um gut zwölf Prozent (Deutschland: plus 4,7 Prozent). Der Bereich trug 2,7 Prozentpunkte zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum bei.

Der Blick auf die Umsätze der Industriebetriebe mit 50 und mehr tätigen Personen liefert Erklärungen für diese günstige Entwicklung. Die Erlöse legten 2021 kräftig um 18 Prozent zu (Deutschland: plus zwölf Prozent). In Rheinland-Pfalz verzeichnete die Konsumgüterindustrie den stärksten Zuwachs (plus 23 Prozent), was auf die außergewöhnliche Umsatzsteigerung in der Pharmabranche zurückzuführen ist (plus 96 Prozent). Aber auch die Vorleistungsgüterhersteller erwirtschafteten wesentlich mehr Erlöse (plus 18 Prozent). Zum Teil dürfte dieses Umsatzwachstum allerdings auf Preiserhöhungen beruhen, mit denen die Produzenten Kostensteigerungen durch hohe Energiepreise und teurere Vorprodukte an die Abnehmer weitergaben. Die Investitionsgüterhersteller haben sich noch nicht vollständig vom Einbruch am Beginn der Pandemie erholt. Ihre Umsätze stiegen 2021 zwar um 13 Prozent, waren aber immer noch 2,5 Prozent niedriger als 2019. Ein Grund dafür ist die gebremste Entwicklung in der Kraftwagen- und Kraftwagenteileindustrie, die mit einem Mangel an Vorprodukten, insbesondere Halbleitern, zu kämpfen hat. Infolgedessen konnten die Kfz-Hersteller die rasch steigende Nachfrage nach Kraftwagen und Kraftwagenteilen nicht vollständig bedienen. Dies machte sich in einem deutlich wachsenden Auftragsbestand bemerkbar. Lag die Reichweite der Aufträge in der rheinland-pfälzischen Kfz-Industrie im Dezember 2020 noch bei 4,7 Monaten, schnellte sie bis Dezember 2021 auf 13,4 Monate hoch.

Rekordwachstum in den Dienstleistungsbereichen

„Der Dienstleistungssektor verbuchte 2021 ein Rekordwachstum. Mit plus elf Prozent war der Zuwachs dreimal höher als das bisherige Maximum in den letzten 30 Jahren“, stellte Wirtschaftsministerin Schmitt fest. In Deutschland stieg die Bruttowertschöpfung der Dienstleistungsbereiche deutlich schwächer (plus 2,9 Prozent). Die Dienstleistungen trugen 2021 zwei Drittel zur gesamten Wertschöpfung in Rheinland-Pfalz bei (Deutschland: 70 Prozent). „Ihr Beitrag zum Wachstum der Gesamtwirtschaft belief sich auf 7,2 Prozentpunkte“, erläuterte Hürter.

Die Wirtschaftsleistung des Teilsektors „Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Grundstücks- und Wohnungswesen“ stieg um 27 Prozent (Deutschland: plus 2,7 Prozent). Dieser historische Zuwachs ist auf den Teilbereich „Unternehmensdienstleister“ (plus 79 Prozent) und innerhalb dieses Teilbereichs auf den Bereich „Forschung und Entwicklung“ zurückzuführen, der 2021 hohe Einnahmen aus Lizenzen für Impfstoffe verbuchen konnte. Die Bruttowertschöpfung des Teilsektors „Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung, Gesundheit“, der im Vorjahr am härtesten von der Corona-Krise getroffen wurde, legte 2021 um 3,2 Prozent zu (Deutschland: plus 2,9 Prozent). Auch der kleinste Teilsektor „Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation“ verzeichnete ein Wachstum. Mit einem preisbereinigten Plus von 1,7 Prozent war der Anstieg aber wesentlich niedriger als im Bundesdurchschnitt (plus 3,1 Prozent).

Leichter Umsatzrückgang im Baugewerbe

In den vergangenen Jahren befand sich das Baugewerbe auf einem dynamischen Wachstumskurs, der sich selbst während des ersten Corona-Jahres 2020 fortsetzte. Im aktuellen Berichtsjahr ist diese Entwicklung jedoch ins Stocken geraten. Im Bauhauptgewerbe sank der Umsatz 2021 um 0,4 Prozent (Deutschland: plus 0,8 Prozent). Einem Plus von 0,9 Prozent im Hochbau stand ein Minus von 1,8 Prozent im Tiefbau gegenüber.

Stark steigende Auftragseingänge deuten jedoch auf eine Fortsetzung der guten Baukonjunktur hin. Das Ordervolumen war 2021 um elf Prozent höher als im Vorjahr (Deutschland: +9,4 Prozent). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich beim Abschluss neuer Aufträge wahrscheinlich die massiv gestiegenen Baustoffkosten an die Kundschaft weitergegeben wurden.

Außenhandel: Wert der Ausfuhren wächst kräftig

„Für die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz ist der Export von großer Bedeutung. Daher hat sich die schnelle Erholung der Weltwirtschaft vom Einbruch am Beginn der Corona-Pandemie positiv auf die Unternehmen in Rheinland-Pfalz ausgewirkt“, kommentierte Ministerin Schmitt die Entwicklung des Außenhandels. Der Wert der aus Rheinland-Pfalz ausgeführten Waren wuchs 2021 kräftig (plus zehn Prozent; Deutschland: plus 14 Prozent). Die wertmäßige Erhöhung des Exports ging allerdings mit deutlichen Preiserhöhungen einher – die Ausfuhrpreise stiegen so stark wie seit 1981 nicht mehr. In den verschiedenen Gütergruppen verlief die Entwicklung unterschiedlich. Der Wert der exportierten Vorleistungsgüter einschließlich Energie nahm um 17 Prozent zu. Der Anstieg der Investitionsgüterexporte fiel mit plus 6,3 Prozent wesentlich schwächer aus; die Ausfuhr von Investitionsgütern liegt immer noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Die Konsumgüterexporte, die 2020 nur leicht sanken, erhöhten sich 2021 um 2,2 Prozent (Deutschland: plus elf Prozent). Die Ausfuhren nach Europa hatten 2020 besonders stark unter der Corona-Pandemie gelitten. Sie wuchsen 2021 jedoch mit plus 14 Prozent kräftig. Der Wert der Exporte auf den asiatischen Kontinent sank gegenüber dem Vorjahr um 1,2 Prozent. Damit ist Asien die einzige Weltregion, die 2021 weniger Waren aus Rheinland-Pfalz empfing als im Jahr zuvor. Ein wesentlicher Grund dafür ist das schwache Chinageschäft.

Preise: Teuerung zieht im Jahresverlauf massiv an

Die Verbraucherpreise stiegen 2021 wesentlich stärker als in den Jahren zuvor. Im Jahresdurchschnitt war der Verbraucherpreisindex für Rheinland-Pfalz, der als Indikator für die gesamtwirtschaftliche Preisentwicklung verwendet wird, um 3,1 Prozent höher als 2020 (Deutschland: ebenfalls plus 3,1 Prozent). Außergewöhnlich ist auch, dass die Teuerung im Jahresverlauf massiv anzog: Lag die Inflationsrate am Anfang des Jahres mit plus ein Prozent noch weit unter der für die Geldpolitik in der Eurozone bedeutsamen Zwei-Prozent-Marke, erreichte sie im Dezember mit plus 5,3 Prozent ihren höchsten Stand im Jahresverlauf und seit Beginn der Zeitreihe 1995. „Für den Anstieg der Inflation gibt es verschiedene Ursachen. Spürbare Auswirkungen auf den Verbraucherpreisindex hatte die Entwicklung der Energiepreise. Energie war 2021 im Jahresdurchschnitt elf Prozent teurer als im Vorjahr“, erläuterte Hürter. Diese starken Preiserhöhungen sind zwar zum Teil durch das außergewöhnlich niedrige Niveau der Energiepreise im Jahr 2020 zu erklären. Allerdings stiegen die Preise im Verlauf des Jahres 2021 weit über den Stand der vergangenen Jahre hinaus. Für Nahrungsmittel mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher ebenfalls deutlich mehr bezahlen als im Jahr zuvor (plus 2,9 Prozent).

Die Preise für Nahrungsmittel und Energie schwanken stark. Um längerfristige Trends bei der Preisentwicklung zu erkennen, wird daher die Veränderung des „Gesamtindex ohne Nahrungsmittel und Energie“ betrachtet, die auch als Kerninflation bezeichnet wird. Im Jahresdurchschnitt lag die Kerninflationsrate in Rheinland-Pfalz und in Deutschland 2021 bei plus 2,3 Prozent. Sie war ebenfalls deutlich höher als in den Vorjahren. Dies zeigt, dass sich die Preissteigerungen nicht nur auf einzelne, schwankungsanfällige Teilbereiche des Verbraucherpreisindex beschränken, sondern ein breites Gütersortiment betreffen.

Arbeitsmarkt: Erwerbstätigkeit unverändert, Arbeitslosigkeit sinkt

Die Zahl der Erwerbstätigen blieb 2021 gegenüber dem Vorjahr unverändert bei jahresdurchschnittlich 2,02 Millionen Personen. Sie konnte sich somit noch nicht von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholen, die 2020 zum ersten Rückgang der Erwerbstätigkeit in Rheinland-Pfalz seit 2009 führte. Im Jahr 2021 waren 1,2 Prozent weniger Menschen erwerbstätig als 2019 (Deutschland: minus 0,8 Prozent).

Der langfristig rückläufige Trend bei der Zahl der Selbstständigen setzte sich weiter fort (minus drei Prozent). Dafür stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 1,8 Prozent (Deutschland: plus 1,4 Prozent). Das Vorkrisenniveau von 2019 wurde damit um 1,3 Prozent überschritten. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten wuchs weniger stark (plus ein Prozent; Deutschland: plus 1,3 Prozent). Zugleich lag sie noch um 5,9 Prozent unter dem Niveau von 2019.

Bei der Bundesagentur für Arbeit waren im Jahresdurchschnitt 2021 rund 112.100 Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer arbeitslos gemeldet. Mit der fortschreitenden konjunkturellen Erholung sank die registrierte Arbeitslosigkeit im Jahresverlauf fast kontinuierlich. Die Arbeitslosenquote nahm 2021 um 0,2 Prozentpunkte auf fünf Prozent ab (Deutschland: minus 0,2 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent). Trotz dieses Rückgangs blieb die Arbeitslosenquote höher als vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie; in Rheinland-Pfalz belief sie sich 2019 auf 4,3 Prozent. Im Ländervergleich weist Rheinland-Pfalz seit 2003 durchgehend die drittniedrigste Arbeitslosenquote hinter Bayern (2021: 3,5 Prozent) und Baden-Württemberg (2021: 3,9 Prozent) auf; daran hat die Pandemie nichts geändert.

Dass die Corona-Pandemie weiterhin den Arbeitsmarkt beeinträchtigt, zeigt sich auch beim Thema Kurzarbeit. Zwar verringerte sich die Zahl der Beschäftigten in Kurzarbeit gegenüber dem Vorjahr deutlich und ging im Jahresverlauf 2021 kontinuierlich zurück, dennoch wurde dieses arbeitsmarktpolitische Instrument weiter in nicht unerheblichem Umfang eingesetzt. In Rheinland-Pfalz befanden sich von Januar bis November 2021 im Durchschnitt 64 600 Personen aus konjunkturellen Gründen in Kurzarbeit; das sind 36 Prozent weniger als im Jahresdurchschnitt 2020 (für Dezember liegen noch keine Zahlen vor).

Die Nachfrage nach Arbeit stieg 2021 spürbar. Der Bundesagentur für Arbeit wurden 37.300 offene Arbeitsstellen gemeldet. Das sind 6.400 Stellen bzw. 21 Prozent mehr als im Vorjahr (Deutschland: plus 15 Prozent).

Statistische Analyse „Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz 2021

Autoren: Dr. Ludwig Böckmann, Diane Dammers, Moritz Hohlstein, Dr. Annette Tennstedt

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